Die Verzweifelten
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Die Verzweifelten

Heute möchte ich aus aktuellen Anlass über all die Verzweifelten und Getriebenen in unserer modernen Gesellschaft sprechen.
 Dieses Grundrauschen der Unzufriedenheit, dass sich stets in totaler Empörung nebst Shitstorms Bahn bricht. Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht eine Gruppe oder Sparte von Menschen, vollkommen empört ist, worüber auch immer und dies in lautstarken Worte und in blinden Aktionismus kund tut. 
Mal ist es die Chipstüte, die weniger Inhalt aufweist, mal ist es das Gefühl sich persönlich angegriffen zu fühlen, man irgendwie unzufrieden ist, als Mann oder Frau eingeteilt zu werden, weil man eigentlich keines von beiden ist.

Die einen regen sich über Leute mit Kindern auf, die sich wiederum über Leute mit Hunden aufregen, weil die einfach den Frieden in einer Stadt stören. Die Schlimmsten aber sind die, die weder das eine, noch das andere haben, weil sie mit ihrem sinnlosen Leben nur die Supermarktkassen verstopfen.
Da sind die empörten, alten, weissen Männer, die praktisch nichts kapieren, weil sie sich quasi vor allem fürchten und nur von der guten alten Zeit palavern. Auf der anderen Seite stehen die zornigen Frauen, die sich mal zu wenig wertgeschätzt fühlen oder zu sehr beachtet, weil sie einen zu langen oder zu kurzen Rock tragen, je nachdem.

Die Verzweifelten

Das Bild zu diesem Beitrag stammt übrigens nicht von mir, sondern ist ein Selbstbildnis des von mir hochgeschätzten Künstlers Gustave Courbet, mit dem Titel: „Der Verzweifelte“ aus dem Jahre 1866.
Ich mag die Art, wie Gustave Courbet einen so tiefen Ausdruck und Kraft in seine Bilder leg. Er gehört deshalb zweifelsohne zu meinen Lieblingsmalern. Ich habe kürzlich in einem Beitrag „Auf der Suche nach Inspiration“, über einen anderen besonderen Künstler geschrieben, dessen Arbeiten ich sehr schätze, nämlich Rembrandt.

Der Ursprung der Welt

Aber zurück zu Courbet und den Verzweifelten unserer Zeit.
Jener Courbet, hat Bilder gemalt, die seiner Zeit weit voraus waren.
Er wird zwar dem Realismus zugeordnet, für mich war und ist er aber ein Visionär.
So malte er ein Bild, dass den Titel „Der Ursprung der Welt trägt“.
Eine Auftragsarbeit, die allen Vermutungen nach, die Geliebte des damaligen Auftraggebers zeigt, eine Balletttänzerin der Pariser Oper.

Der Ursprung der Welt

Was das Bild aus dem Jahr 1866 aber so aussergewöhnlich macht, ist die Tatsache, dass es einen Tabubruch der damaligen Zeit darstellt. Dabei geht es nicht so sehr um die Darstellung von Nacktheit, die gab es auch damals schon. Allerdings wurde dies immer unter dem Denkmantel des religiösen Bezugs oder hinter Mythologie versteckt. Also wenn Heilige allesamt nackt durchs Bild latschen, oder Maria dezent ihre Brüste entblösst, war das immer in einem Glaubenskontext. Sieh der Mensch, in seiner Gestalt, geschaffen von Gott. bla bla…

Bei dem Bild Ursprung der Welt ist das anders.
Dieses Bild stellt die sexuelle Anziehungskraft in den Fokus, die Lust als den Antrieb von allem und das alles Leben durch und aus diesem Schoss entspringt.
Man kann sich grob den Aufschlag der Empörung vorstellen, der damals durchs Volk ging.



Womöglich lächelst du jetzt, wenn Du diese Zeilen liest und denkst dir, meine Güte, diese prüden, unaufgeklärten Menschen damals, zum Glück sind wir heute weiter. Doch wenn ich dir jetzt sage, dass die Welt in der Du, wir alle heute leben, sich diesbezüglich zurückentwickelt hat, trotz aller Aufklärung und sexueller Befreiung, sind wir doch nur ein warmer Aufguss des damaligen Zeitgeistes.

Eben jenes Bild, wurde gerade wieder aktuell, als sich einige Frauen dachten, sie müssen gegen die Sexualisierung der Frau im Ganzen und die sexuelle Gewalt gegen Frauen im Speziellen, an diesem Bild auslassen und unterstreichen. Um ihr Ansinnen mit maximaler Empörung in die Welt zu tragen, zogen sie vor dieses Bild, im Musée d’Orsay in Paris, blank und beschmierten das Gemälde mit der roter Farbe und der Aufschrift #Metoo .

Versteht mich jetzt nicht falsch, ich bin nicht dagegen, dass man sexualisierte Gewalt anprangert und man gegen sexuellen Missbrauch vorgeht.
Dies aber damit zu tun, dass man derartige Bilder als Reduzierung der Frau auf sexuelle Darstellung brandmarkt, stellt für mich einen derartigen Treppenwitz der Geschichte dar, den man kaum in Worte fassen kann.
Ein Bild, dass die sexuelle Befreiung einläuten sollte, ist in unserer modernen, aufgeklärten Zeit, die Reduktion der Frau auf ihren Körper. 
Das muss man erst einmal sacken lassen.

Ganz abgesehen davon, ist es eine inzwischen alltägliche Unart, dass derartige Bilder als Vehikel genutzt werden, um seine Empörung in die Welt zu kotzen.
Egal, ob man die Mona Lisa mit Brei bewirft, um fürs Klima zu demonstrieren, oder eben das Bild einer nackten Frau mit #Metoo beschmiert, um wogegen auch immer zu demonstrieren. Ich empfinde das als absolute Respektlosigkeit und bringe dafür keinerlei Verständnis auf. Die Gen-Z muss in ihrer ganzen Empörung und Verzweiflung verstehen, dass derartige Bilder und Kunstwerke nicht nur blöde Plakate sind, die ausschließlich als Vehikel ihrer Empörung dienen und nach Belieben für jedes Motto umgedeutet werden.

Ich weiß, dass viele mit Respektlosigkeit in Zusammenhang mit Kunst nicht viel anfangen können, darum versuche ich es mal anders.
Stellt euch eine brave Familie vor, die zu Hause am Kühlschrank diese typischen Kinder-Bilder hängen haben, die ihre Kinder im Kindergarten oder im Kunstunterricht gemalt haben. Diese Bilder, auf denen Mama und Papa als Strichmännchen drauf sind, das Haus, der Himmel und die Wolken – wunderschön.
Nun stelle man sich die Aufregung vor, wenn ich in diese Küche spaziere und auf diese Bilder lauter Pimmel male. Mein Ansinnen, damit gegen die Reduktion des alten weissen Mannes, auf seinen Geschlechtstrieb zu protestieren, würde wohl verpuffen und im Geschrei der Familie untergehen.

Wer jetzt meint, wir leben doch aber in einer modernen, aufgeklärten Welt, dem möchte ich nur an einigen Beispielen, z. B. um das Gezerre mit ebendiesem Bild „Der Ursprung der Welt“ erinnern. Nicht umsonst darf es nur mit vielerlei Tricks im Internet verhüllt, oder verborgen gezeigt werden. Ein langes, erstaunliches Gerichtsverfahren gegen Facebook, was auf die Sperrung des Accounts wegen Pornografie eines Kunstlehrers folgte und dann im Vergleich 2018 endete. 
Nun ist das Bild, man höre und staune, offiziell keine Pornografie mehr, sollte aber nur mit entsprechenden Hinweisen gezeigt werden.
(Zensur – Klage gegen Facebook wegen Kontosperre)


Ich denke, die Menschen aus dem Jahr 1844 würden sich verwundert die Augen reiben, über unsere aufgeklärte, moderne Gesellschaft.
 Bestes Beispiel: Michelangelos David der nun ganz offiziell im US Bundesstaat Florida als Pornografie gilt.

Eine Schuldirektorin musste gehen, weil sie die verstörten Schulkinder den Anblick einer nackten Statue im Unterricht aussetzte. Einige Eltern hatten sich bei der Schulbehörde beschwert, ihre Kinder hätten Pornografie ansehen müssen.
Der Unterricht bei den 11- und 12-jährigen Schülerinnen und Schülern sollte auch Michelangelos Gemälde »Die Erschaffung Adams« und Botticellis »Die Geburt der Venus« umfassen. Das war natürlich zu viel. Kann man hier nachlesen.

(Schulleiterin zum Rücktritt gezwungen, nachdem sie Michelangelos David zeigte)
… oder hier beim ZDF.


Die Rückwärts-Gesellschaft

Angesichts vieler Statuen und Gemälde, die in Schulen nicht mehr gezeigt werden dürfen, oder aus Büchern verbannt werden. Abbildungen von Kunst, die auf Facebook und Instagram gesperrt sind oder von empörten Frauen/Männern in Galerien mit roter Farbe verschmiert und mit #metoo gekennzeichnet werden,
sollten wir uns fragen, wohin sich unsere Gesellschaft seit 1844 entwickelt.
Gehen wir wirklich vorwärts oder womöglich rückwärts?

Um nun wieder zum Anfang der Geschichte und zurück zu Gustave Courbets Bild „Der Verzweifelte“ zu kommen…


… lässt sich im Anblick dieses Gesichtsausdrucks, vieles erklären.


Wie ich bereits sagte, ein Visionär und seiner Zeit weit voraus.

Die Verzweifelten
Der Verzweifelte
Unterschrift einmaliganders

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